Aufstellung in der Hospizarbeit – Interview mit Marina Weinberger

Die Heilpraktikerin Marina Weinberger bietet im Rahmen der Ausbildung für Ehrenamtliche, die im Ambulanten Erwachsenen Hospizdienst Dunkelbunt einsteigen wollen, in einem der Module eine ‚Aufstellung des Anliegens nach Prof. Franz Rupert‘ an. Was kann diese Arbeit den Ehrenamtlichen in ihrer Arbeit bieten?

Frage: Frau Weinberger, Sie sind Heilpraktikerin mit eigener Praxis. Was hat Sie dazu gebracht, Aufstellungen nach dem Konzept von Prof. Franz Rupert anzubieten?

Marina Weinberger: Ich habe in all den Jahren in meiner Praxis festgestellt, dass die Behandlung der körperlichen Symptome häufig nicht ausreicht, sondern dass es sehr hilfreich sein kann, auch die psychische Seite einzubeziehen. Auf der Suche nach einem überzeugenden Konzept bin ich auf Prof. Franz Rupert gestoßen und habe dann bei ihm die Ausbildung gemacht. Inzwischen melden sich viele, die ein besonderes Anliegen, eine Fragestellung an sich und/oder ihr Leben haben auch ohne körperliche Symptomatiken bei mir zur Aufstellung.

Frage: Was hat Sie an der Methode von Prof. Franz Rupert überzeugt?

Marina Weinberger: Lange bekannt sind ja schon die traditionellen Familienaufstellungen. Was mich an der Methode von Prof. Franz Rupert überzeugt hat, ist, dass sie zum einen völlig ohne Schuldzuweisungen arbeitet, dass sie zum anderen, wie man so schön sagt ‚den Kopf ausschaltet und den Bauch sprechen lässt‘. So können beziehungsrelevante Informationen im Außen, praktisch wie auf einer Bühne, sichtbar gemacht werden. Dadurch entsteht die Chance, etwas Neues entstehen zu lassen.

Frage: Wie funktioniert eine Aufstellung nach Prof. Franz Rupert, wie geht man praktisch vor?

Marina Weinberger: Zunächst formuliert der/die Teilnehmer*in, der/die eine Aufstellung machen möchte, ihr/sein Anliegen.

Beispiele für ein persönliches Anliegen:

  • Gründe für meine Migräne / Rheuma/ Allergie?
  • Mein Verhältnis zu meinen Geschwistern / Kindern/ Eltern/ Partner*in
  • Ich und meine Angst / Trauer
  • Ich und mein Beruf / Arbeitsstelle / Kolleg*innen

Dann wählt die/der Aufstellende Stellvertreter*innen aus der Gruppe. Diese werden dann im Raum positioniert. Die Stellvertreter*innen drücken dann ihre Impulse, Gedanken und Bedürfnisse aus ihrer Stellvertreterrolle heraus, aus und spiegeln so unbewusste Seiten der Aufsteller*in. Daraus kann der/die Aufsteller*in den nächsten Schritt entwickeln.

Frage: Was ist der Vorteil einer Aufstellung, wenn man ein bestimmtes Anliegen hat?

Marina Weinberger: Individuelle und psychische Anliegen erfordern immer wieder unterschiedliche Methoden der Betrachtung. Meine Erfahrung hat gezeigt, dass es sinnvoll sein kann, innere und äußere Strukturen des Anliegens sichtbar zu machen, und da sehe ich die Methode der Aufstellung nach Prof. Franz Rupert als ausgesprochen hilfreich an. Es geht darum, die Strukturen, die hinter dem Anliegen sind, wahrzunehmen, sichtbar zu machen, und zu verstehen bzw. nachzufühlen.

Frage: Manche Personen aus der teilnehmenden Gruppe werden als „Stellvertreter*innen“ aufgestellt. Können diese auch von der Aufstellung profitieren?

Marina Weinberger: Ja auf jeden Fall, weil durch das Phänomen der Resonanz auch innere Anteile bei der/dem Stellvertreter*in berührt werden können, so dass er/sie sich dann selbst besser verstehen kann. Oft bedanken sich die Stellvertreter*innen nach einer Aufstellung bei der Aufstellenden, dass sie gefragt wurden, ob sie die Stellvertreter-Rolle annehmen.

Frage: Warum funktioniert diese Methode? Muss man Vorerfahrungen, ein bestimmtes Wissen über sich und seine Familie mitbringen? Was ist, wenn ich nichts spüre in der Rolle der „Stellvertreter*in“?

Marina Weinberger: Die Methode funktioniert, weil wir schon mit unserer Geburt die Fähigkeit mitgebracht haben, auf nonverbale Signale einer Person zu reagieren. Wir haben dann ja noch nicht die Sprache zur Verfügung, aber wir haben diese Fähigkeit, um mit unserer Bezugsperson , häufig der Mutter, in Kontakt zu sein. Deshalb hat jeder Mensch diese Fähigkeit, denn nur so können wir überleben. Diese Fähigkeit bringt also jeder mit. Deshalb braucht man weder Vorerfahrungen noch Vorwissen!

Frage: Nun bieten Sie die Möglichkeit einer Aufstellung im Rahmen der Ausbildung des Ambulanten Erwachsenen Hospizdienstes Dunkelbunt für Ehrenamtliche an. Warum kann die Methode der Aufstellung nach Prof. Franz Rupert auch hier sinnvoll sein?

Marina Weinberger: Immer, wenn wir mit Menschen in Kontakt sind, werden Themen in uns angesprochen und aktiviert. Das ist uns meistens gar nicht bewusst und belastet uns auch meistens nicht. Bei Kontakt zu Sterbenden und ihren Angehörigen kann es sein, dass uns Themen wie Abschied, Tod, Veränderung, Vergänglichkeit und Schmerz sehr nah kommen. Und je besser wir das eigene Gefühl zu diesen Aspekten des Seins kennen und damit gut im Kontakt zu uns selbst sind, desto besser können wir einen Menschen in dieser Situation begleiten und sorgen damit auch gut für uns selbst.

Frage: Was sind für Sie persönlich beeindruckende Momente in Aufstellungen gewesen?

Marina Weinberger: Ich bin zum Ende fast jeder Aufstellung sehr berührt zu sehen, wie sich bei dem/der Aufsteller*in Knoten lösen und sich Erleichterung einstellt. Spannend ist es, immer wieder zu sehen, wie hilfreich die Aussagen der Stellvertreter*innen sind und wie sich die Aufstellenden durch die Stellvertreter*innen in ihrem Innersten richtig gesehen und widergespiegelt fühlen.

Frage: Wie arbeiten Sie?

Marina Weinberger: Oberstes Prinzip meiner Arbeit sind das Anliegen, die Grenzen und die Bedürfnisse der Aufsteller*innen. Grundsätzlich gilt, dass jede*r Teilnehmer*in selbst entscheidet, was geschieht und wann eine Aufstellung beendet wird. Ich verstehe meine Rolle in einer Aufstellung als Übersetzerin für Prozesse, gebe Hilfen für Interpretationen und biete Perspektivwechsel an. Es geht darum, wahrzunehmen, zu verstehen und zu reflektieren. Der/die Aufsteller*n hat die Verantwortung und die Hoheit über den Prozess der Aufstellung und ich begleite den gesamten Prozess mit Achtsamkeit und Fürsorge.

Frage: Wo und wie kann man bei Ihnen auch außerhalb der Hospizarbeit an einer Aufstellung teilnehmen?

Marina Weinberger: Zum einen ist es möglich, eine Aufstellung mit mir in meiner Praxis zu machen. Dazu vereinbart man einfach einen Termin mit mir. Zum anderen gibt es die sogenannte offene Samstagsgruppe. Hier kann man sich spontan zwei Wochen vorher anmelden und teilnehmen. Durch die wechselnden Teilnehmer*innen entstehen häufig sehr interessante Prozesse. Ich biete auch eine feste Gruppe an. Eine feste Gruppe bietet den Vorteil, im sehr vertrauten Rahmen die eigenen Anliegen mit Hilfe der Methode der Aufstellung nach Prof. Franz Rupert zu betrachten. Nähere Infos dazu stehen im Netz!

Zur Person:

Die Heilpraktikerin Marina Weinberger

Marina WeinbergerMarina Weinberger ist Heilpraktikerin mit vielen Zusatzqualifikationen. Unter anderem hat sie die Ausbildung zur tiefenpsychologisch orientierten Therapeutin absolviert. Zuletzt hat sie die Ausbildung bei Prof. Franz Rupert zur Methode der Aufstellung des Anliegens in München abgeschlossen. Ihre Praxis betreibt sie in Herdecke.

Kontaktdaten:

Marina Weinberger
Am Rahmen 34
58313 Herdecke
Tel: 0177 77 85 83 4
Mail: post@praxis-weinberger.de
www.praxis-weinberger.de

 

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